Umsetzungsphase

In einer Entwicklungs- und Einführungsphase von 24 Monaten entstand der Prototyp eines VFU-Portals für die kollaborative Auswertung sozialwissenschaftlicher Mikrodaten, das mit ersten kollaborativen Werkzeugen in der Forschungspraxis erprobt wurde und mit Projektabschluss einsetzbar ist. Die Gesamtkoordination des Projekts lag beim SOFI. Hier wurden auf der sozialwissenschaftlichen Seite die fachwissenschaftlichen Anforderungen an eine VFU definiert und zwei Nutzungsstudien für die entwickelten Komponenten der VFU konzipiert und durchgeführt. Die Ergebnisse der zwei Nutzungsstudien wurden an die technischen Entwicklungen rückgekoppelt. Auf der informationstechnologischen Seite wurde von der SUB unter Beteiligung der D-Grid gGmbH eine technische Arbeitsgruppe moderiert, in der die Entwicklungsarbeit zwischen den beteiligten IT-Einrichtungen unter Einbeziehung der FDZ an einer gemeinsamen Architektur ausgerichtet wurde. Von der SUB wurde außerdem ein Konzept zur Langzeitarchivierung vorgelegt.

Die GWDG hatte federführend die Entwicklung des VFU-Portals und des Hostings sowie die Integration der Middleware übernommen. Ein zentrales Portal für die VFU wurde mit Authentifizierung und rollenbasierter Autorisierung eingerichtet. Unter einer gemeinsamen Oberfläche integriert das VFU-Portal die Entwicklungen der GESIS (siehe unten) und weitere Werkzeuge zur Kollaboration. Hierzu gehören u.a. ein Forum, ein eigenes Wiki, eine Dateiverwaltung, ein gemeinsamer Projektkalender, ein Ankündigungs- und Absprachenportlet, ein Informationsportlet zur Planung von Teilnahmen an externen Tagungen, ein Publikationsportlet zur Dokumentation von Teilnahmen an externen Tagungen und geplanten und realisierten Veröffentlichungen, sowie eine Archivfunktion zur Speicherung und zum Durchsuchen von Datensätzen und Metadaten. Die Datenverwaltung unterstützt schwerpunktmäßig die Archivierung, Dokumentation und Nachnutzung bzw. kollaborative Nutzung von Auswertungssyntax. Neben Syntaxdateien und (freigegebenen) Forschungsdaten werden über sie auch alle anderen Dateiarten, etwa Outputdateien, Tabellen- oder Textdokumente, formatunabhängig abgelegt und mittels Inhaltssuche wie über Metadaten auffindbar verwaltet. Im Rahmen der bestehenden Nutzungsberechtigungen können logische Verknüpfungen zwischen den verschiedenen Datenarten (z.B. zwischen Syntax und Forschungsdaten) hergestellt werden.

Eine entscheidende Voraussetzung für die Nutzung einer gemeinsamen Arbeitsumgebung besteht darin, dass die Daten anhand von Metadaten gut beschrieben werden. Bei der GESIS wurden die Metadatenelemente definiert, die in der VFU benötigt werden. Die Beziehungen der Metadatenelemente, die von den vertretenen FDZ verwendet und eingebracht wurden, zu bestehenden Metadatenstandards wurden geprüft und festgelegt. Für die VFU soeb 3 wurde ein eigenes Metadatenschema spezifiziert, das sich an den Standard der Data Documentation Initiative (DDI), der sich für Forschungsdaten international etabliert hat, orientiert. Neben der Entwicklung eines Metadatenschemas wurden bei der GESIS die kollaborativen IT-Werkzeuge, insbesondere die Syntax- und Metadateneditoren, entwickelt.

Die beteiligten Forschungsdatenzentren (FDZ der BA im IAB, FDZ-SOEP, FDZ-RV) haben ihre Daten- und Metadatenkompetenzen, ihr Wissen aus den Bereichen Langzeitarchivierung, die organisatorischen und technischen Voraussetzungen des Zugangs zu ihren Mikrodaten (Remote Access und/oder Job Submission) sowie ihre datenschutzrechtliche Anforderungen für den Umgang mit Mikrodaten und den Ablauf wissenschaftlichen Arbeitens mit sensiblen Mikrodaten in die Entwicklung der VFU eingebracht. Sie vermittelten zwischen fachwissenschaftlichen Anforderungen und Wissenstechnologien.

Das Verbundprojekt VFU soeb 3 sollte die Erfolgsaussichten für neue Zugangswege zu Mikrodaten in Dateneinrichtungen verbessern und Lösungen für deren Unterstützung in einer VFU skizzieren. Entwicklungsaufgaben für eine insbesondere um Werkzeuge für Remote Access erweiterte Version der VFU wurden spezifiziert und an einem Proof of Concept demonstriert.

Dass die VFU soeb 3 als operativ einsetzbarer Prototyp entwickelt wurde und bei den Pilot-anwendern des Forschungsverbunds soeb 3 hohe Akzeptanz findet, zeigt den wissenschaftlichen Erfolg des Projekts. Damit hat das Projekt zumindest deutschlandweit eine Pionierrolle bei der Erstellung von virtuellen Forschungsumgebungen für die quantitativ-empirisch forschenden Sozial- und Wirtschaftswissenschaften und kann bei der Weiterentwicklung und Nutzung von VFUen in diesem Bereich durch die erbrachten Entwicklungen und Erfahrungen unterstützend wirken.

Die entwickelte Gesamtarchitektur der VFU erlaubt eine einfache konzeptuelle Anpassung für andere Fach-Communities oder Forschungsschwerpunkte und deren Workflows. Die entwickelte VFU soll daher künftig anderen Anwender/inne/n in einer erweiterten Testphase zur Verfügung gestellt werden. Dafür wird durch Eigenmittel der Projektpartner im Anschluss an die Projektförderung ein entsprechendes Betriebsmodell und eine Demoversion entwickelt.