Das SOFI im Jahr 2010

Akzente in der Forschung

Die Entwicklung der SOFI-Forschung war, was ihre thematische und methodische Ausrichtung angeht, im Jahr 2010 durch die Fortführung und Akzentuierung langjähriger bzw. in den Vorjahren aufgenommener Forschungslinien gekennzeichnet. Thematisch betrifft das die Arbeitsforschung in unterschiedlichen Funktionsbereichen von Industrie und Dienstleistungen, Forschungen zum Übergang zwischen Schule, Berufsausbildung und Erwerbssystem, zu transnationalen Wertschöpfungsketten und Beschäftigungssystemen, zur Finanzmarktorientierung von Unternehmen, zur Entwicklung der industriellen Beziehungen sowie die Arbeiten zu Teilhabe  und Verwirklichungschancen und das Projekt einer Sozioökonomischen Berichterstattung. Methodisch stehen Fragen der Verknüpfung von qualitativen und quantitativen Forschungszugriffen sowie die Verknüpfung von Evaluations-  und Grundlagenforschung weiterhin im Blickpunkt. Darüber hinaus ist die Entwicklung von Konzepten kollaborativer Datenauswertung in Forschungsverbünden Gegenstand eines Teilprojekts der Sozioökonomischen Berichterstattung, der mit Blick auf die Bedeutung von Verbundforschung für das SOFI verstärkt weiter verfolgt werden soll.

Mit Blick auf den Zusammenhang zwischen politischen Debatten und Forschung verdient unter thematischer Perspektive die Bearbeitung arbeits- und bildungspolitischer Fragestellungen besondere Erwähnung, die mit der demografischen Entwicklung und ihren Konsequenzen für Beschäftigte und Betriebe in Zusammenhang stehen. Es ist sicherlich noch zu früh, von einer Renaissance des öffentlichen Interesses an Arbeitsforschung und Arbeitsgestaltung zu sprechen, nachdem diese seit den 1980er Jahren hinter Fragen der Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik sehr in den Hintergrund gerückt waren. Immerhin lässt sich als eine Konsequenz der „Demografiedebatte“ jedoch ein Mehr an Aufmerksamkeit für Fragen feststellen, die sich auf Arbeit und Arbeitsprozess selbst, ihre Abläufe und Organisation beziehen. Vor diesem Hintergrund ging und geht es in einem im Berichtsjahr weitgehend abgeschlossenen sowie in zwei neu begonnenen Projekten um Fragen alterns- und altersgerechter Arbeit, Arbeitsorganisation und Arbeitspolitik: Als Zwischenergebnis der betreffenden Forschungen kann festgehalten werden, dass zwischen der Prominenz des Themas in politischen und öffentlichen Debatten und Deklarationen und der Realität betrieblicher Arbeitsgestaltung verbreitet noch eine große Lücke klafft. Die Präsentation der Ergebnisse des Projekts „Potentiale einer alternsgerechten Betriebs- und Tarifpolitik“ auf mehreren branchenspezifischen sowie einem abschließenden branchenübergreifenden Workshop im Frühjahr 2011 haben diese Ergebnisse bestätigt und die arbeits- und betriebspolitischen Schwierigkeiten und Dilemmata deutlich gemacht, die darin zum Ausdruck kommen. Entsprechend legt ein neu aufgenommenes Projekt explizit den Fokus auf „Problemlagen und Durchsetzungsbedingungen alter(n)sgerechter Arbeitspolitik“.

Zugleich ging und geht es in den einschlägigen Forschungen des SOFI auch darum, gegenüber einer schematischen Demografisierung arbeits- und beschäftigungspolitischer Fragestellungen die Relevanz anderer Perspektiven im Spiel zu halten. Einerseits sind Fragen gegenwärtigen und zukünftigen Fachkräftemangels weder politisch noch wissenschaftlich angemessen thematisiert, wenn sie auf das „Demografieproblem“ reduziert werden. Eine Reihe von Projekten im Bereich der Bildungs-, Berufsbildungs- und Arbeitsmarktforschung rückt demgegenüber die Bedeutung der unzulänglichen Nutzung und Entwicklung vorhandener Potentiale in den Mittelpunkt: durch Brüche oder Scheitern beim Übergang zwischen Schule und Beruf, durch unzeitgemäße Ausbildungsprofile und mangelnde Lernförderlichkeit von Arbeit, durch unzulängliche bzw. unterbleibende Bemühungen um die Integration arbeitsloser Fachkräfte. Darüber hinaus aber gilt es darauf zu beharren, dass es bei Arbeits-, Beschäftigungs- und Bildungspolitik nicht nur um die möglichst umfassende Nutzung und Entwicklung einer ökonomischen Ressource geht, sondern auch um die Verwirklichung von Ansprüchen und Lebensentwürfen ihrer Träger und Trägerinnen. Arbeit, Beschäftigung und Bildung unter dieser Doppelperspektive in den Blick zu nehmen, bildet eine langjährige Grundnorm der SOFI-Forschung, an der es gerade auch im Zeichen der aktuellen Themenkonjunkturen festzuhalten gilt.

Diese Doppelperspektive verbindet sich innerhalb des SOFI auch mit konzeptionellen und empirischen Arbeiten, die an die internationale Debatte um das Konzept der Teilhabechancen im Anschluss an Amartya Sen und Martha Nussbaum, im Göttinger Rahmen an das ältere Konzept der Teilhabe anknüpft. Mit dem europäischen Verbundprojekt Capright wurde im Berichtsjahr ein großes Verbundvorhaben abgeschlossen und die Ergebnisse auf einer internationalen Konferenz in Nantes präsentiert, unter maßgeblicher Beteiligung des SOFI. Die Publikation der Ergebnisse steht für das kommende Jahr an. Mit den Arbeiten am Konzept für ein Projekt Sozioökonomische Berichterstattung 3 (SÖB 3) wurden Grundlagen für die Beantragung eines weiteren Verbundvorhabens gelegt, das sich ebenfalls stark auf jene Konzepte beziehen wird. Die Fortführung insbesondere auch der konzeptionellen Arbeiten zur Gleichheit und Ungleichheit von Verwirklichungschancen bzw. zu Teilhabe und Teilhabegerechtigkeit sowie des Projekts einer Sozioökonomischen Berichterstattung bilden Schwerpunkte der weiteren Forschungsperspektiven des Instituts.

MitarbeiterInnen des SOFI waren im Berichtsjahr vielfach als Referenten, Veranstalter oder Mitveranstalter von wissenschaftlichen Tagungen bzw. Veranstaltungen des Wissenstransfers tätig. Neben den bereits genannten verdienen mehrere Beiträge auf dem Frankfurter Soziologentag sowie ein prominent besetzter, internationaler Workshop im Rahmen des Lichtenberg-Kolleg an der Georg-August-Universität hervorgehoben zu werden. Dieser Workshop über „New Forms of Collaborative Production and Innovation: Economic, Social, Legal and Technical Characteristics and Conditions“ wurde im Rahmen einer interdisziplinären Forschergruppe maßgeblich von Prof. Dr. Volker Wittke und Heidemarie Hanekop organisiert.

Als Anerkennung auch für die Forschung im SOFI sehen wir schließlich die Wertschätzung der Arbeit einzelner SOFI-MitarbeiterInnen an, die Ausdruck in Einladungen an renommierte wissenschaftliche Einrichtungen findet. Im Berichtsjahr betraf das PD Dr. Nicole Mayer-Ahuja, die ein halbjähriges Fellowship am Internationalen Geisteswissenschaftlichen Kolleg „Arbeit und Lebenslauf in globalhistorischer Perspektive“ (Re_Work) an der Humboldt-Universität Berlin erhielt. Ab Januar 2011 betrifft es Dr. Bettina Kohlrausch mit einer Guest-Fellowship am Europäischen Hochschulinstitut in Florenz. Die Arbeitmöglichkeiten, die ihnen dadurch eröffnet werden, kommen mit Sicherheit auch der SOFI-Forschung zugute.

Die Entwicklung im Überblick

Die Arbeit des Instituts konnte im Berichtsjahr wiederum auf eine solide finanzielle Grundlage gestützt werden, bei einem begrenzt rückläufigen Volumen der Institutsausgaben. Gleichzeitig stieg der Anteil von Ministerien und anderen öffentlichen Trägern an der Institutsfinanzierung gegenüber dem relativ hohen Niveau der beiden Vorjahre nochmals an. Das liegt in erster Linie daran, dass es sich bei den meisten der betreffenden Projekte um länger laufende Projekte handelt, die bei mehr oder weniger konstantem Volumen und einem etwas gesunkenen Institutsetat stärker zu Buche schlagen. In zweiter Linie kommt die Neuakquise von Projekten im Bereich der qualitativen Evaluation von Arbeitsmarktpolitik (PRIMUS) und der Begleitforschung im Bereich innovativer Arbeitspolitik (AGTIL) hinzu. Bei diesen wie den bereits seit längerem laufenden Projekten handelt es sich durchweg um solche, die im Hinblick auf die Ausrichtung des SOFI an Grundlagenforschung im Rahmen des SOFI-Forschungsprogramms hoch einschlägig sind. Im nochmals gewachsenen Anteil von Projekten mit dieser Finanzierungsgrundlage kommt allerdings auch zum Ausdruck, dass sich Projektakquisen, die insbesondere auf Finanzierung durch die Forschungsförderungseinrichtungen abstellen, in einigen Fällen als komplzierter und langwieriger erweisen als ursprünglich geplant. Das Finanzierungsportfolio ausgeglichener zu gestalten und insbesondere den Anteil der Forschungsförderungseinrichtungen wieder zu erhöhen, bleibt ein wichtiges Anliegen der Akquisestrategie.

Im Jahr 2010 wurden im SOFI insgesamt 26 Projekte bearbeitet, davon wurden acht abgeschlossen und sieben neu begonnen. Die im Vergleich zu 2009 (29 Projekte) nochmals leicht und gegenüber den beiden Jahren davor deutlich rückläufige Zahl geht auf zwei Faktoren zurück: einen vergleichsweise hohen Anteil relativ lang laufender Projekte, die in den Vorjahren akquiriert wurden, und - wie bereits im Vorjahr - ein vergleichsweise geringer Anteil ausgesprochener ‚Kurzläufer’, deren Anteil in den Jahren davor kontinuierlich zugenommen hatte. Unter forschungsstrategischen Gesichtspunkten ist eine solche Verschiebung von kurz zu länger laufenden Projekten durchaus positiv zu bewerten, bieten doch länger laufende Projekte deutlich günstigere Voraussetzungen für die gründliche Bearbeitung einer Fragestelung, insbesondere wenn diese auf qualitative Empirie bzw. auf selbst generierte Daten als Basis quantitativ angelegter Untersuchungen setzt. Insofern ist die Akquisestrategie des Instituts darauf angelegt, nach Möglichkeit den Anteil länger laufender Projekte hoch zu halten. Diesem Bestreben kann allerdings entgegenstehen, dass sich empirische Zugänge zu wichtigen Fragen nur über Kurzprojekte erreichen lassen bzw. dass institutsstrategisch wichtige Aufgaben des Wissenstransfers im Rahmen enger Zeitmargen erbracht werden müssen. Aus den Verschiebungen der beiden letzten Jahre einen längerfristigen Trend abzuleiten erscheint daher zum gegenwärtigen Zeitpunkt im besten Fall verfrüht. Die Kehrseite des hohen Anteils relativ lang, d.h. über zwei bis drei Jahre laufender Projekte im Berichts- wie im Vorjahr besteht darin, dass sie jeweils beträchtliche Akquiseaufwände mit Blick auf die Folgejahre nach sich ziehen. Das gilt insbesondere dann, wenn mehrere solcher Projekte mehr oder weniger gleichzeitig auslaufen, wie zum Ende des Berichtsjahres bzw. im Frühjahr 2011. Das erfordert einen beträchtlichen zeitlichen Vorlauf bei der Erarbeitung und Beantragung neuer Projekte, die an die Stelle der auslaufenden treten können. Die Fähigkeit des Instituts, die Erarbeitung und Beantragung von Forschungsprojekten vorausschauend und im Rahmen eines längerfristigen Forschungsprogramms betreiben zu können, wird maßgeblich durch die institutionelle Förderung durch das Land Niedersachsen gestützt. Diese Förderung bildet daher eine grundlegende Voraussetzung für die Fähigkeit des Instituts, auf längere Sicht eine eigenständige Forschungsstrategie zu verfolgen, die sich an wissenschaftlichen wie an gesellschaftlichen Relevanzkriterien orientiert.

Die Personalfluktuation war im Berichtsjahr nicht unbeträchtlich. Zwei Mitarbeiterinnen nahmen externe Angebote an, was wir auch als (wiederholten) Beleg dafür sehen, dass Beschäftigung im SOFI auf dem akademischen Arbeitsmarkt durchaus als positiver Indikator für berufliche Kompetenzen gilt. Ein Mitarbeiter wechselte altersbedingt in den Ruhestand. Dem steht die Neueinstellung einer Mitarbeiterin mit Promotionsperspektive gegenüber. Mit sieben von 22 wissenschaftlichen Mitarbeitern und zwei derzeit nicht am SOFI beschäftigten Personen ist der Anteil der am SOFI beschäftigten bzw. betreuten PromovendInnen ausgesprochen hoch. Er wird sich mit dem Abschluss einiger Promotionen im Jahr 2011 aber etwas vermindern.


Die Entwicklung in den Forschungsschwerpunkten

Die folgenden Abschnitte sollen einen Überblick über neue Akzente bzw. im Berichtsjahr in den Forschungsschwerpunkten gesetzte Schwerpunkte geben.

Arbeit im Wandel. Die Entwicklung der industriellen Beziehungen bildete ein wichtiges Querschnittsthema in einer Reihe von Projekten: der Begleitforschung zur Umsetzung von ERA, den Projekt zu Innovation und Mitbestimmung, zu Betriebsrätinnen in der Automobilindustrie, LaborantInnen sowie der kontinuierlichen Beobachtung tarifpolitischer Aktivitäten im Einzelhandel. Als allgemeine Tendenzen wurden dabei eine Umgewichtung von überbetrieblichen zu betrieblichen Aushandlungsarenen, eine Verschiebung von Regelungsmodi und Regelungsbedarfen von definitver zu prozeduraler Regulierung sowie ein grundlegender Wandel der Rationalitäts-  und Legitimitätskonzepte deutlich, auf die die unterschiedlichen Akteure in Aushandlungen zurückgreifen, und die in ihrer bisherigen Form die Grundlage von Sozialpartnerschaft im traditionellen Sinne darstellen.
In den Projekten zur Umsetzung einheitlicher Entgeltsysteme in der Metall- und Elektroindustrie (ERA) wurde deutlich, dass die seit Jahren verbreitete Generaltendenz moderater Lohnsteigerungen auch die betriebliche Umsetzung neuer Entgeltstrukturen prägte. Zugleich zeigten sich deutliche Unterschiede beim Ausmaß der Kooperation und der Beteiligungsintensität zwischen den Tarif- und Betriebsparteien sowohl zwischen den untersuchten Tarifgebieten als auch auf der Ebene der betrieblichen Arbeitsbeziehungen. Selbst bei in den Grundzügen ähnlichen materiellen Effekten, konnten im Gefolge divergierender betrieblicher Umsetzungsprozesse, die vor allem durch verschiedene Grade der Beteiligung der betrieblichen Interessenvertretungen geprägt waren, gravierende Unterschiede bei der Intensität betrieblicher Konflikte beobachtet werden.
Gleich in mehreren Projekten wurde der demografische Wandel zum Thema. Im Projekt über „Potentiale alternsgerechter Betriebs-  und Tarifpolitik“ wurden Problemwahrnehmung und Gestaltungswirklichkeit der betrieblichen Akteure in qualitativen Fallstudien und einer standardisierten Repräsentativbefragung in der Automobil- und der Chemie- und Pharmaindustrie und im Einzelhandel erhoben, u.a. mit dem Ergebnis einer großen Diskrepanz zwischen allgemeiner Debattenrealität und akuter wahrgenoimmener Relevanz in den Betrieben. Ein im Jahr 2010 anlaufendes Projekt zu „Problemlagen und Handlungsbedingungen alter(n)sgerechter Arbeitspolitik“ vertieft bezogen auf dieses Thema die Erforschung der Handlungskonstellationen und Wirkungszusammenhänge betrieblicher Arbeitsbeziehungen und bietet zugleich gute Chancen, den Gründen für die bislang noch begrenzte Reichweite demografieorientierter Konzepte nachzugehen.
Mit einem ebenfalls im Jahr 2010 neu gestarteten Kooperationsprojekt mit der FH-Steyr, das durch das Land Oberösterreich gefördert wird, wurde ein größeres Begleitforschungsprojekt begonnen, mit dem an frühere Good-Practice-Studien sowie die Evaluation des Tarifprojektes „5000x5000“ angeschlossen wird. Auch in diesem Projekt richtet sich die Begleitforschung auf betriebliche Veränderungsprozesse, bei denen ein integriertes Konzept der Reorganisation mehrerer Dimensionen betrieblicher Strukturen verfolgt wird. Anknüpfend an frühere Untersuchungen zu Konzepten einer innovativen Arbeitspolitik besteht insofern eine weitere Möglichkeit, Wirkungszusammenhänge zwischen den Ebenen der Arbeits- und Betriebsorganisation sowie betrieblichen Führungsstrukturen und Entgeltsystemen zu erforschen.
Darüber hinaus besteht das Bestreben, die in mehreren Projekten bereits bearbeitete Forschungslinie zu Kontraktualisierung als Medium der Steuerung insbesondere hoch qualifizierter Arbeit mit Blick auf überbetriebliche F&E-Kooperationen fortzusetzen. Ein entsprechendes Projekt befindet sich in der Beantragung

Wandel von Produktions  und Innovationsmodellen. In diesem Forschungsschwerpunkt wurden im Berichtsjahr zwei Projekte abgeschlossen: ein Projekt zu Bedingungen, Anlässen und Formen der Internationalisierung deutscher bzw. in Deutschland ansässiger Beratungsunternehmen mit dem Fokus auf dem Export von Beratungsdienstleistungen in Länder Mittelosteuropas; ein Projekt zu den Auswirkungen von Dezentralisierung, „Vermarktlichung“ sowie einer verstärkten Kapitalmarktorientierung von Unternehmen auf das Personalwesen und darüber vermittelt auf die industriellen Beziehungen.

Das neu aufgenommene Projekt „Kompetenz und Innovation   Deutsche Standorte in globalen Produktions- und Innovationsnetzwerken“, knüpft an einschlägige Vorgängerprojekte an und zielt auf die Befähigung von Betriebsräten, rein kostenorientierten Geschäfts- und Standortstrategien kompetenzorientierte Strategien entgegenzusetzen. Ein weiteres neues Projekt zu „Finanzmarktorientierung und die Perspektiven der Mitbestimmung“ geht der doppelten Fragestellung nach, wie sich zunehmende Finanzmarktorientierung von Unternehmen auf die Handlungsmöglichkeiten von Mitbestimmung auswirkt und wie umgekehrt die Institutionen und Akteure von Mitbestimmung Einfluss darauf nehmen, welche Gestalt Finanzmarktorientierung im konkreten Fall annimmt.

Fortgeführt wurden Projekte zur regenerativen Stromerzeugung als Motor systembezogener Innovationen im deutschen Elektrizitätssektor und zur tatsächlichen und möglichen Rolle der deutschen und internationalen Standorte deutscher Zulieferunternehmen in internationalen Wertschöpfungsketten des Maschinenbaus und der Automobilindustrie.

Sozialmodell: Arbeit   Bildung   Lebensweise im Umbruch. In diesem Schwerpunkt wurden die in den letzten Jahren etablierten Aktivitäten im Rahmen der Sozialberichterstattung und der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung weitergeführt. Die im Vorjahr aufgenommene Erarbeitung eines Konzepts für einen dritten Bericht Sozioökonomische Berichterstattung wurde fortgesetzt. Ziel ist die Bewilligung des Projekts für die Realisierung eines solchen Berichts und längerfristig die Etablierung der Sozioökonomischen Berichterstattung im Sinne des hier entwickelten Konzepts als Dauerberichterstattung. Im Bereich der Arbeitsmarktforschung wurde die Evaluation des Projekts „Interne ganzheitliche Unterstützung zur Integration im SGB III“ in ausgewählten Arbeitsagenturen fortgeführt. Neu aufgenommen wurde ein verwandtes Projekt, das die Evaluation eines „ganzheitlichen“ Betreuungsansatzes für erwerbsfähige Hilfsbedürftige in ausgewählten Arbeitsagenturen zum Gegenstand hat.

Innerhalb des SOFI ist das Projekt eng verzahnt mit den Arbeiten in dem von der EU geförderten internationalen Forschungsverbund „Capright“, in dessen Mittelpunkt die konzeptionelle Weiterentwicklung und empirische Umsetzung des vor allem von Amartya Sen entwickelten Ansatzes der Verwirklichungschancen („capabilities“) steht.

Auf dem Gebiet der Bildungsforschung beteiligt sich das SOFI wie in den Vorjahren am Bildungsbericht der Bundesregierung. Im Zentrum des eigenen Beitrags zu dem im Juni 2010 erschienenen Bildungsbericht 2010 stand der Einfluss des demographischen Wandels auf (die Anforderungen an) das Bildungswesen. Die Bildungsberichterstattung flankierend wird weiterhin ein Projekt zur Indikatorenentwicklung betrieben. Die Fortführung und Vertiefung eigener Arbeiten aus dem Zusammenhang der Berichterstattung ist Gegenstand des vom BMBF geförderten Promotionsprojekts zur sozialen Selektion in der beruflichen Ausbildung. Neu aufgenommen wurde ein Projekt zur Entwicklung und exemplarischen Erprobung von Indikatoren für kommunale Lernreports mit dem Fokus auf lebenslangem Lernen. Einen weiteren Schwerpunkt bildete die Evaluation unterschiedlicher Modellprojekte, in denen die Quote der Schulabgänger ohne Hauptschulabschluss (und mit nur sehr geringen Chancen zur Integration in den Arbeitsmarkt) durch bestimmte Fördermaßnahmen vermindert werden soll. Eines dieser Projekte wurde im Vorjahr, zwei weitere im Berichtsjahr abgeschlossen. Der SOFI-interne Projektverbund stellt über die Evaluation der Einzelmaßnahmen hinaus ab auf den Aufbau einer Datenbasis, um diesen viel diskutierten, aber bislang wenig erforschten Bereich gefährdeter Übergänge empirisch auszuleuchten und so eine belastbare Grundlage auch für politische Maßnahmen zu gewinnen. Darüber hinaus bearbeiten zwei laufende Promotionsprojekte auf der Grundlage der in den abgeschlossenen Projekten generierten Daten Fragen nach unterschiedlichen Dimensionen und Ursachen von Ungleichheit bei Übergangschancen.