Projektinhalt

Ausgangspunkt des Projekts ist die Beobachtung einer forcierten und absehbar kaum reversiblen „Globalisierung“ der Innovations- und Produktionsaktivitäten deutscher Industrieunternehmen. Sie nutzen den mit der politischen und wirtschaftlichen Öffnung von Niedriglohnregionen in Osteuropa, China oder Indien erweiterten Optionsraum zur Lokalisierung von Aktivitäten und schaffen dabei neue Konfigurationen industrieller Organisation: transnationale Produktions- und Innovationsnetzwerke, bei denen das Ensemble von funktional zusammengehörigen Aktivitäten räumlich disparat über diverse Standorte und Regionen („global“) in verschiedenen Ländern, Kontinenten und Kulturen verteilt ist.

Die Fragestellung des Vorhabens richtet sich auf die Analyse von Auswirkungen der Etablierung solch transnationaler Organisationsformen auf Arbeit und Beschäftigung an deutschen Standorten. Wir gehen davon aus, dass die Integration in ´globale´ Strukturen für deutsche Standorte folgenreich ist, sich in der Praxis der Unternehmen bislang aber keine „best practice“ für die Architektur globaler Wertschöpfungsketten und deren Steuerung herausgebildet hat. Dies spricht für die Existenz von Spielräumen bei der Neubestimmung von Aufgaben und Funktionsprofilen hiesiger Standorte. Ziel des Projekts ist es, solche Spielräume sichtbar zu machen, indem in der empirischen Untersuchung verschiedene Muster transnationaler Wertschöpfungsketten identifiziert und ihre Implikationen für Arbeit und Beschäftigung herausgearbeitet werden. Dabei sind wichtige Fragen offen: Welche Gestaltungsoptionen für die Profile hiesiger Standorte gibt es in globalen Netzen? Wie sehen Organisations- und Arbeitsstrukturen für hiesige Standorte aus, die schnelle und sichere Rückkopplungs- und Transferprozesse ermöglichen? Wie verschieben sich dabei Qualifikationsprofile und Tätigkeitsstrukturen? Braucht es neue Vernetzungen mit externen lokalen/regionalen Akteuren? Offen ist auch: Wie stark beeinflusst das Produktdesign die Architektur von Wertschöpfungsnetzwerken?

Die Untersuchung ist in zweifacher Hinsicht komparativ angelegt. Zum einen nach Industriebranchen, denn Möglichkeiten und Strategien der Gestaltung globaler Netzwerke sind, so ist zu vermuten, von branchenspezifischen Handlungskonstellationen, Traditionen und Managementdiskursen geprägt. Wir konzentrieren die Untersuchung auf Segmente von Komponentenproduktion für die Autoindustrie und den Maschinenbau, die für diese traditionellen Kernsektoren der deutschen Industrie hohes strategisches Gewicht haben und ausgeprägte transnationale Strukturen aufweisen. Zum anderen nach geographischen Gesichtspunkten, indem bei den Zielländern des Auslandsengagements „low-cost“-Regionen einerseits in Mittelosteuropa und andererseits in China einbezogen werden.

Im Zentrum des empirischen Zugriffs stehen Intensiv-Fallstudien von Komponentenherstellern in beiden Branchen, die auf der Grundlage von Sondierungen der aktuellen Veränderungsdynamik in den einschlägigen Segmenten der Zulieferindustrie ausgewählt werden. Wir recherchieren sowohl an deutschen Standorten (bevorzugt Leitwerken) der Unternehmen als auch an Standorten in Mittelosteuropa und/oder China.